Klimaresilienz im urbanen Raum: Instrumente für den Städtebau der Zukunft

1. August 2023

Hafen Offenbach 31.05.2017_ 10 c Alex HabermehlQuelle: Alex Habermehl

Hitzebelastung und Extremwetter – der Klimawandel ist bereits heute vielerorts drastisch spürbar. Besonders im urbanen Raum wird der Effekt durch Versiegelung von Flächen verstärkt. Und die Menschheit wächst weiter an. Die Frage lautet: Wie können wir uns mithilfe einer nachhaltigen Stadtentwicklung an die wandelnden Umweltbedingungen anpassen und dabei gleichzeitig auf die sozialen und infrastrukturellen Bedürfnisse der Stadtbewohner:innen eingehen? Vier Perspektiven auf den resilienten Städtebau der Zukunft stellten die Referent:innen Mitte Juli beim solid UNIT Web-Seminar „Die klimaresiliente Stadt – Kann man gegen den Klimawandel bauen?“ vor.

„Wir sehen gerade, dass das 1,5-Grad-Ziel nur noch ganz schwer zu erreichen ist und Fachleute im Moment eher von 2,7 bis 2,9 Grad sprechen. Somit ist es wichtig, das Thema klimaangepasstes Bauen stärker in den Fokus zu rücken“, appellierte Thomas Zawalski, Geschäftsführer von solid UNIT Deutschland, zur Eröffnung des Seminars.

Prof. Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. und Mitglied des Klimabeirats von solid UNIT ergänzte: „Wir bauen nicht g e g e n den Klimawandel, wir bauen im Klimawandel. Viele Instrumentarien sind alt, wir müssen sie nur umsetzen.“ In seiner Keynote ‚Klimaresilienz: Nachhaltige Stadtplanung‘ warb er für das Bauen mit resilienteren Bauweisen: „Materialien, Oberflächen, helle Farben – wir müssen so bauen, dass wir langfristig nicht so viel damit zu tun haben, unsere Gebäude permanent instand zu halten und pflegen zu müssen.“

Neue Wohnformen und intelligente Bauweisen
Zu flexiblen, adaptiven Gebäuden als Beitrag zur Klimawandelanpassung referierte Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Msc. Dr. Doris Österreicher, die an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien forscht und lehrt. In ihrem Vortrag appellierte Österreicher, Technologien der Klimaanpassung, Nutzungs- und Energieflexibilität im Wohnungsbau der Zukunft konsequent umzusetzen. „Gerade in urbanen Regionen müssen wir Gebäude multifunktional und smart denken“, so Österreicher. „Wir können Bauweisen und architektonische Maßnahmen nutzen, um in einem integralen Ansatz die Energieeffizienz zu erhöhen und sommerliche Überwärmung zu mindern.“ Eine Modellierung für die Stadt Wien habe anhand verschiedener Klimaszenarien gezeigt, dass sich eine aktive Kühlung durch Klimaanlagen in Massivbauten vermeiden lässt: „Gebäude mit viel Speichermasse, Ziegel oder Beton, und einem außenliegenden Sonnenschutz schneiden bei unserer Modellierung sehr gut ab. Auch Nachtlüftung ist eine wirksame Maßnahme. Die Möglichkeit zur Querlüftung sollte von vornherein im Grundriss mitgedacht werden.“

Blau-grüne Infrastruktur in der Stadt
Dieter Grau, Landschaftsarchitekt und Geschäftsleiter beim Architekturbüro Henning Larsen, referierte in seinem Vortrag zu den landschaftsplanerischen Möglichkeiten eines klimaresilienten Städtebaus. Anhand verschiedener Projekte und Szenarien zeigte Grau auf, welche positiven Effekte eine smarte, nachhaltige und lebenswerte Stadtplanung unter Berücksichtigung von ausreichend Wasser- und Grünflächen für die Klimaanpassung im urbanen Raum hat. „In einer versiegelten Umgebung spielen die natürlichen Prozesse wie Wasserreinigung in den Bodenschichten oder Kaltluftentstehung durch Verdunstung keine Rolle mehr. Dadurch verstärkt sich der Hitzeinseleffekt elementar. Wir brauchen wieder mehr Wasser und Grün in unseren Städten, nur auf diese Weise können wir ein klimaresilientes und vor allem angenehmes Umfeld für die Stadt schaffen.“

Klimaangepasstes Bauen: die KLIBAU-Studie
Den Blick auf das individuelle Bauwerk richtete Lara Katscher, Geschäftsführerin der Werner Sobek Green Technologies GmbH, die in ihrem Vortrag die KLIBAU-Studie vorstellte. Die Studie betrachtet anhand eines Mustergebäudes die Widerstandsfähigkeit von Bauwerken gegenüber Klimaeinwirkungen unter Berücksichtigung von Umwelt- und Klimapotentialen, etwa der Erhöhung der Biodiversität oder der Regenwasserrückhaltung.
Aus den Ergebnissen lassen sich individuelle Handlungsmöglichkeiten für den Städtebau der Zukunft definieren, insbesondere in Bezug auf Extremwettersituationen. „Wir müssen uns die Begebenheiten vor Ort anschauen und anschließend geeignete Maßnahmen ableiten“, erläuterte Katscher.

Nachhaltiger und CO2-reduzierter Betonwerkstein
Beispiele und Ansätze für den Einsatz von klimafreundlichem Beton im urbanen Städtebau stellte Dipl.-Ing. Stefan Heeß, Geschäftsführer der Informationsgemeinschaft Betonwerkstein e.V., in seinem Vortrag vor. Bauen mit hellen, weniger aufheizbaren Materialien, Minderung der spezifischen CO2-Emissionen durch schlankere Bauteile, Betonwerkstein mit Gesteinskörnung aus Recyclingmaterial oder die Sicherstellung von Langlebigkeit bei Massivbauten – all das seien Beispiele dafür, welchen Beitrag Beton für den nachhaltigen Städtebau leisten könne. „Betonwerkstein als mineralischer Baustoff ist langlebig und dauerhaft, hat sehr gute Wärmespeicherfähigkeiten und geht mit einem geringen Unterhaltungs- und Wartungsaufwand einher“, so Stefan Heeß

Die entsprechende Pressemitteilung finden Sie hier.