Wenn die Schalung CO2-reduziertem Beton auf die Sprünge hilft
3. September 2025

Was ist das Problem, mit dem ihr euch befasst? Worin besteht die Nachhaltigkeitsherausforderung?
Beton ist einer der größten CO2-Emittenten und gleichzeitig doch einer der unverzichtbarsten Baustoffe. Für die vielerorts dringend notwendige Sanierung von Brücken und Tunneln gibt es heute keine Alternative zu Beton. Um die Dekarbonisierung der Baustelle dennoch voranzutreiben, gilt es, diesen Baustoff klimafit und damit zukunftsfit zu machen. Eine Möglichkeit liegt in der starken Reduzierung von Zementklinker im Beton, dessen Herstellung große Mengen an Treibhausgasemissionen freisetzt. Der Klinker ist aber auch jener Anteil, der für eine schnelle Frühfestigkeitsentwicklung im Frischebeton sorgt. Daher „verhalten“ sich diese neuen Mischungen speziell zu Beginn der Aushärtung anders als herkömmliche Betone. Sie benötigen mehr Zeit zum Aushärten, insbesondere bei kalten Temperaturen. Insgesamt kann ein ungeplant höher Kosten- und Ressourcenaufwand für die bauausführende Firma entstehen.
Die Herausforderung liegt also darin, Wege zu finden, wie jene klimafreundlicheren Betonmischungen effizient, sicher und vor allem wirtschaftlich auf der Baustelle eingesetzt werden können.
Was ist euer Lösungsansatz / die Innovation?
Als einer der weltweit führenden Schalungshersteller forschen wir intensiv daran, wie unsere Produkte die breite Anwendung von klimafreundlicheren Betonmischungen nicht nur unterstützen, sondern vielmehr noch befeuern können. Ein Ansatz ist die Entwicklung einer intelligent beheizbaren Schalung (Intelligent Heated Formwork, kurz IHF). Ein funktionaler IHF-Prototyp stand bereits im Mittelpunkt des österreichischen Forschungsprojekts „RCC2”. Dabei ging es darum, neue Wege auszuloten, mit denen an die gleiche Leistungsfähigkeit wie bei bisherigen Betonmischungen angeknüpft werden kann. Winterversuche bei niedrigen Temperaturen zeigten, dass intelligent beheizbare Schalungen von Doka die Festigkeitsentwicklung von RCC (Reduced Carbon Concrete)-Betonen fördern und Schäden durch niedrige Temperaturen vermeiden.
Beim Wohnbauprojekt „Soley“ der STRABAG Real Estate in Wien wurde der Prototyp im Jahr 2024 erstmals großflächig für die Errichtung der Wände im Keller und im Erdgeschoss eingesetzt. Mit sehr zufriedenstellendem Ergebnis: Trotz des reduzierten Klinkeranteils im Beton konnte planmäßig ausgeschalt werden. Auf einer Baustelle im norwegischen Trondheim kam es dann zum ersten großen Härtetest mit Außentemperaturen von rund minus 15 ° C, ein Bereich, in dem klinkerreduzierte Betone aufgrund verzögerter Frühfestigkeit bislang als schwer einsetzbar galten. Beim Bau einer Schule setzte die Firma Veidekke erstmals weltweit komplett auf eine Betonmischung mit CEM III, die stark klinkerreduziert war. Auch hier sorgte die IHF für den nötigen Wärme-Push und half der klimafreundlicheren Betonmischung selbst bei extremen Wintertemperaturen auf die Sprünge. Möglich macht das die elektrisch beheizbare Schalhaut, die für konstante und gleichmäßige Temperaturen direkt am Beton sorgt. Zur Überwachung des Betons in seinem Aushärtungsverhalten unterstützen zusätzlich die Daten, die das Beton-Monitoring-System Concremote von Doka liefert. Dessen Sensoren messen durchgehend die Temperaturentwicklung des Frischebetons, womit die Druckfestigkeit im Betonbauteil berechnet wird. So kann CO2-reduzierter Beton sicher, effizient und wirtschaftlich eingesetzt werden.
Was ist der Impact?
Die Ergebnisse bisheriger Forschungs- und Pilotprojekte zeigen: Der Energieeinsatz für die Beheizung liegt deutlich unter dem CO₂-Vorteil durch die Klinkerreduktion. Gleichzeitig verkürzt sich auch die Schalzeit, was sich positiv auf die Projektdauer auswirkt und für stabile Abläufe sorgt. In einem zunehmend volatilen Bauumfeld bedeutet das: mehr Planbarkeit, weniger Pufferzeiten und geringere Risiken, vor allem auch in Bezug auf die Betonqualität. Der IHF-Prototyp von Doka macht deutlich, dass beheizte Schalungen einen wichtigen Beitrag zum breiten wirtschaftlichen Einsatz von CO2-reduzierten Betonen leisten können.

Beitrag von
Hoang Anh Nguyen
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